Man sieht sie schon von weitem, sie wacht über Nauen und seine Bürger wie eine Mutter über ihre Kinder, die evangelische Kirche Sankt Jakobi in Nauen. Nauen hat viele historische und bedeutende Gebäude aber die Jakobi Kirche ist für die Nauener das Wahrzeichen überhaupt, sie strahlt das aus was man Heimat nennt. Wenn nach einer langen Reise oder nach längerem wieder nach Nauen kommt und man sieht den Kirchturm dann ist man angekommen. Auch für viele die nichts für das kirchliche übrig haben ist diese Gebäude ein Zeichen von Heimat und daher sind wir Nauener stolz auf dieses Gebäude.
Die Kirche ist nach einstimmigem Urteil verschiedener Baumeister in den Jahren 1290 – 1320 erbaut, Als sicheres Zeichen spricht dafür, erstens die Größe der Steine und die Lage derselben im Mauerwerk (Klosterformat), Die Steine haben auch verschiedene Größen, 28x13x8cm, 24x13x9 cm sowie 21x13x8 cm und an der Ostseite die verschiedensten Größen. Letzteres ist bedingt durch den großen Umbau 1973/74. In dem Kreuzkuppelgewölbe über dem Altar waren gewaltige Risse, dasselbe drohte einzustürzen. Es wurde das Mauerwerk an der Altarseite abgetragen, um das Kuppelgewölbe mit der östlichen Wand neu aufführen zu können. Dadurch mögen wohl die alten Steine knapp geworden sein. Die Kirche hat durch die Jahrhunderte viele bauliche Veränderungen erlebt, Bis heute sind noch erhalten der untere Teil des Turmes, die Umfassungswände, der Dachstuhl und innen in der Kirche das auf zehn Pfeilern ruhende gotische Kreuzgewölbe. Wenn man bedenkt, dass Nauen zur Zeit des Kirchenbaues kaum l.000 Einwohner hatte, so muss man heute noch staunen, mit welchen Schwierigkeiten dieser gewaltige Bau geschaffen wurde. Die Innenmaße der Kirche sind:
Länge 42,95 m
Breite 19,05 m
Höhe 10,22 m
Bis zum Sims Die Vorhalle ist 3,55 x 5,1.5 m groß, die Sakristei 5,2o x 5,7o m, die Pfeiler haben einen Durchmesser von 1,3o m. Der Turm ist 55,26 m hoch und im Innenraum eine Größe von 6,00 x 8,60 m. Die Wände des Kirchenschiffs sind 0,75 m dick, die des Turmes 1,5o m. Die Kirche hat 13 Fenster: 7 buntfarbige und 6 einfache Glasfenster. Außerdem 38 kleine Fenster, davon 14 buntfarbig. Die 13 großen Fenster behielten beim Umbau ihre Form, während die ursprünglich vorhandenen 13 ovalen Fenster durch 26 kleine gotische Fenster ersetzt wurden. Die Sakristei erhielt 4 gotische Fenster mit Bleiverglasung. Die Kirche hat außen 14 Pfeiler. Das Dach hat eine Fläche von 2000 qm. Da es doppelt gedeckt ist, Biberschwänze 55 Stück je qm, liegen auf dem Dach der Kirche 110 000 Dachsteine.
Am 4. März 1860 verfügt der Nauener Magistrat: „Das Tabakrauchen im Turm und Kirchenboden ist verboten. Wer den Turm besteigen will, hat sich beim Bürgermeister zu melden.“ Am 1. März 1917 erließ die Heeresverwaltung die Bekanntmachung betreffend Beschlagnahme und Enteignung von Glocken aus Bronze. Im August 1917 standen auf dem Hof des Landratsamtes 15 Glocken aus verschiedenen Dörfern. Die St. Jakobi- Kirche hatte alle ihre Glocken behalten.
Über diese sei hier berichtet:
Die größte Glocke wurde 1884 von Ulrich in Apolda gegossen. Es wurde das Material ihrer Vorgängerin, die 1743 Zweitinger aus Berlin in Nauen goss, mitverwendet. Sie war die größte im damaligen Ost- und Westhavelland. Sie hatte am Rande 1,6o m Durchmesser. Sie wog 2,5 Tonnen. Die zweite Glocke wurde ebenfalls aus dem alten Material von 1733 im Jahre 1891 von G. Collier – Zehlendorf – gegossen. Sie hatte einen Durchmesser von 1,2o m. Die dritte Glocke hatte einen Durchmesser von 1,80 m. Sie wurde 1746 von H.J. Jakobi in Berlin gegossen und hat einfachen Blätterschmuck. Die vierte Glocke wurde ebenfalls 1745 von Jakobi in Berlin gegossen und hat einen Durchmesser von 0,68 m. Betrachten wir den Glockenstuhl, der für fünf Glocken eingerichtet ist und auch fünf Glocken besaß, so muss man die kräftige Bauart bewundern. Der Glockenstuhl stützt sich auf gewaltige Eichenbalken. Die fünfte Glocke wurde 1915 vom Turm geholt und als Meldeglocke im Realgymnasium aufgehängt, später kam sie ins Museum. Diese Glocke hatte einen silberhellen Klang. Durch eine kleine Reparatur stellte es sich heraus, dass sie einen hohen Silbergehalt hatte und daher besonders wertvoll war, sie hatte 0,38 m Durchmesser. 1942 mussten die drei großen Glocken abgegeben werden und wurden Kriegszwecken zugeführt. Die Glocke, die im Museum war, ist, wie so vieles aus dem Museum, spurlos verschwunden. In dem Buche „Berner Geschichte des preußischen Staates“, Verlag Kunst und Wissenschaft München 1891, Seite 19o, befindet sich ein in Amsterdam 1675 gedruckter Kupferstich: „Gloriense Vitorie van sunv Ceurfurstelyke Dorl. van Brandenburg of de Sweeden in Havellant.“ eben rechts im Bilde befindet sich eine Skizze der Nauener Kirche. Die Kirche ist dargestellt mit Ziertürmchen. Triebel führt diese Ziertürmchen ebenfalls an.
Über den Turm ist folgendes zu sagen: Im oberen Teil der Turmhaube befindet sich die Turmuhr mit dem Uhrwerk. Dieses wurde 1925 angeschafft. Es hat drei Gewichte, je eines für das Uhrwerk, den Zeiger der Vorschlagglocke und die Nachschlagglocke. Das Werk zieht sich stündlich automatisch auf. Auch ohne Strom läuft es noch 16 Stunden. Nachher muss es mit Schlüsseln aufgezogen werden. Die Uhr hat zwei Glocken: Die Vorschlagglocke, Durchmesser 95 cm. Inschrift: „C. Heintze 1733“. Die Stundenschlagglocke, Durchmesser 80 cm. Inschrift: „Goß mich Christian Heintze 1733.“
Die Kugel der Turmspitze ist 97 cm breit und 65 cm hoch. In ihr sind seit jeher in einem Bleikasten Urkunden und Münzen aufbewahrt. Es liegen heute drei Zinnkästen mit reichem Inhalt in der Kugel. Über der Kugel befindet sich der Schwan. Den Abschluss des Turmes bildet ein Stern. Der Turm hat von unten bis zu den Glocken 99 Stufen. Vom Glockenboden führt ein Gang über die Kreuzgewölbe der Kirche, ein schmaler Brettergang, welchen zu betreten nicht ungefährlich ist. Die Vertiefungen zwischen den Gewölben betragen bis zu 2 Meter. Auf einigen Buckeln stehen Winden, durch welche die Kronleuchter in der Kirche hoch und runter gelassen werden. Der freie Raum unter dem Dachgebälk beträgt 45o Qm. 1186, 1105, 1197 und 1208 werden Nauener Pfarrer in Brandenburgischen Urkunden erwähnt. Nach Prof. Riedel: „Codex diolomaticus Brandenburgiensis“ sind bis 1.440 144 Urkunden von Neuen bekannt.
Interessant ist noch: Dar Bischof Nicolaus von Riga und der Probst in Nauen hatten für den Dom zu Brandenburg einen Streit mit Ellebrechtswerder zu schlichten. (Stiftshistorie Brandenburg von Gerken,1766,S.118)
Karl Friedrich Ferdinand Tiebel,
Königl. Superintendent und Oberprediger zu Nauen 1817.
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Über die St. Jakobi – Kirche in Nauen
Quellen:
1. Angeli Annales Marchiae Brandenburgicae Frankfurt/O. 1598
2. Acta historico ecclesiastica. eimar 1744
3. Des in Leuenbruch bei Potsdam gestorbenen Predigers Otto in Handschrift hinterlassene Chronik von Nauen.
4. Die in der hiesigen Registratur aus der Zeit vor dem letzten großen Brande noch vorhandenen Akten.
Hinter der Kirche hat sich gegen Morgen ein Karpfenteich befunden. Was diese anbetrifft, so ist sie sehr alt. Ehe die Wenden völlig besiegt wurden, herrschte auch hier das Heidenthum, und die Götter Radegast, Perkunst, Triglaff, Swantewit und Filius wurden von den alten Bewohnern unserer Gegend verehrt. Bald nach der Stiftung des Bisthums Brandenburg ward auch hier dem heiligen Apostel Jacobus zu Ehren, der mit dem Schwerdte hingerichtet ward, eine Kirche erbaut, aber in der Empörung der Wenden 985 wieder zerstört. Sie lag wüst bis zum Jahre 1156, als Albrecht der Bär Brandenburg auf immer eroberte. Die Kirche steht seit 65o Jahren hier. Übrigens ist das jetzige Gebäude nicht mehr das erste, indem dieses durch frühere Feuersbrünste in die Asche gelegt worden ist. Denn das jetzige, welches aus dem 14. Jahrhundert stammt, brannte 1514, 1626 und 1695 gänzlich aus, wobei es sehr verändert und beschädigt ward. Vor 1695 war der Turm weit höher, auf dem Kirchendache über dem Altare stand ein mit Kupfer beschlagenes Signier- Türmchen, in der Kirche war außer der großen Orgel in dem Chor vor dem Hauptaltare noch eine kleinere; in den Nischen hinter dem Altere standen die Bildsäulen der zwölf Apostel und die Kirche selbst war mit schönen Gemälden und Denkmälern geziert. Außerdem waren vor der Reformation in ihr noch sieben Altäre vorhanden. Die Kirche besaß vier Hufe Land und alle alten Nachrichten sagen, daß sie vor der Reformation sehr begütert gewesen sei. Die Kirche verwaltete auch die berühmte Wallfahrtskirche in Neukammer. Diese wurde 1363 erbaut und weil in ihr viele angebliche Wunderwerke geschahen, so bewilligte ihr Papst Urban 1365 von Avignon aus Indulgenzen und sie wurde bis zur Reformation sehr von Wallfahrtenden besucht. Das Patronatsrecht der Oberpredigerstelle in der katholischen Zeit hatte der Dom zu Brandenburg.
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Was das jetzige Kirchengebäude betrifft, so ist es nach dem Brande von 1695 allmählich wieder hergestellt worden.
1719 ward die Orgel fertig
1699 wurden die beiden ersten Glocken gegossen
1708 Altar und Kanzel
1759 Orgelchor und Kanzel verziert
1712 ist der Turm fertig geworden
1724 Taufstein
1993 fand dann eine umfangreiche und kostenintensive Kirchturmsanierung statt, ein Video dazu finden Sie > > > HIER < < <
Quelle: Aufzeichnungen Fritz Warncke († 2017)