Teil 2 aus der Reihe „Die Eisenbahn in und um Nauen
Projektierung und Bauausführung der gesamten Strecke Berlin – Hamburg lagen im Wesentlichen in den Händen des Baumeisters Friedrich Neuhaus. Er realisierte nicht nur die Trassenführung, sondern schuf auch 24 Bahnhöfe und weitere Bahnbauten in einem überzeugend einheitlichen spätklassizistischen Stil. Diese Gebäude hatten eine landschaftlich prägende Wirkung. Aus ihrer Umgebung stachen die Bauten dadurch hervor, dass sie in hellem Putz ausgeführt wurden und nicht in der regional üblichen Backsteinarchitektur, wie sie sich oft an den Nebengebäuden der Bahn wiederfand. Einige davon kann man noch nach fast 175 Jahren am Zugfenster vorbeihuschen sehen, teils restauriert und teils dem Verfall Preis gegeben. Nur Nauen verlor sein Empfangsgebäude in den letzten Tagen des 2. Weltkriegs und wartet bis heute auf einen ebenbürtigen Ersatz.
Der Bahnhof erhielt ursprünglich ein zweigeschossiges Empfangsgebäude von 5 x 4 Achsen unter einem einfachen Satteldach. Die ersten Gleis- und Bahnhofsanlagen waren einfach gestaltet: zu ebener Erde lagen nördlich des Empfangsgebäudes die Bahnsteige (ab 1866 zweigleisig) und wenige Nebengleise sowie die Güterladestraße. Bereits bei Eröffnung wurden Anlagen zur „Restauration“ von Lokomotiven mit ausgeführt: ein Wasserkran samt dazugehörigem Wasserbehälter (achteckiger Turmbau östlich des Bahnhofsbereichs). Für den Betrieb waren zwei Stellwerke zunächst als einfache Wärterbuden, später dann als zweigeschossige Gebäude errichtet worden.
In den Folgejahren wurden ein großer Güterschuppen (Fachwerkbau) entlang der Dammstraße, d.h. senkrecht zur Bahntrasse sowie ein mehrständiger Lokschuppen südlich des Empfangsgebäudes errichtet. Beide Gebäude konnten nur über eine Drehscheibe unmittelbar neben dem beschrankten Bahnübergang an der Dammstraße erreicht werden, was sich zunehmend als betriebstechnisch hinderlich erwies. Am Empfangsgebäude selbst wurden bis 1900 immer wieder Erweiterungen vorgenommen, die aber alle in ihrer Ausführung den spätklassizistischen Stil beibehielten und so das einheitliche Gesamtbild des Gebäudes wahrten. Die eingeschossigen Anbauten rechts und links waren für Diensträume und die Gastwirtschaft vorgesehen. Insgesamt hatte Nauen ein ansprechendes Empfangsgebäude erhalten, das über viele Jahrzehnte hinweg der Stadt eine attraktive Eintrittspforte und Visitenkarte war.
Autor: Uwe Ulrich