4. Teil aus der Reihe „Die Eisenbahn in und um Nauen
Auf Rechnung des Kreises Osthavelland, der Provinz Brandenburg und des Preußischen Staates erbaute und betrieb die OHKB eine weitere Kleinbahnstrecke, die sie 1924 aufkaufte. Es handelte sich um die von Nauen in östlicher Richtung führende 25,6 Kilometer lange Strecke in die Töpferstadt Velten, weshalb sie auch im Volksmund Töpferbahn genannt wurde. Ab dem am 1. Oktober 1904 nahm sie ihren Betrieb auf und fuhr über die Stationen Nauen Ludwig-Jahn-Straße, Nauen Stadtforst, Paaren im Glien, Perwenitz, Pausin, Wansdorf, Bötzow (hier bestand ab 1909 Anschluss nach Spandau mit der Bötzowbahn) und Marwitz bis nach Velten (Mark), wo sie die von der Preußischen Staatsbahn betriebene Strecke Berlin–Kremmen (Kremmener Bahn) erreichte.
Der Bahnhof der Veltener Bahn befand sich in Nauen anfangs noch nördlich des Staatsbahnhofes, dort, wo sich heute der Güterschuppen befindet. Er mußte 1913/1915 dem neuen Güterbahnhof weichen und wurde südlich des neu aufgeschütteten Bahndamms mit dem Ketziner Bahnhof vereint. Nun hatten beiden Strecken der OHKB einen gemeinsamen Bahnsteig. Ab jetzt unterquerte die Veltener Bahn die Berlin-Hamburger Bahn östlich des Bahnhofs. Dieser Durchbruch ist noch heute vorhanden und wird für Rangierarbeiten genutzt.
Die Strecke führte durch die Nauener Stadtheide und den Forst Jäglitz, der zum Waldgebiet Krämer gehörend, sogar eine eigene Ladestelle hatte. Dann passierte die Bahn die alte Poststraße Berlin – Hamburg und tangierte danach das Ländchen Glien, das als Lehmhügelkuppe zwischen Velten (Mark) und Paaren im Glien zur Bahnstrecke hin abfällt und der Bahn den Beinamen „Glienrandbahn“ verlieh. Insgesamt war die Trassierung dieser Strecke aber nicht schwierig, da keine großen Höhenunterschiede zu überwinden waren. Das einzige größere Brückenbauwerk war die Querung des Havelländischen Großen Hauptkanals bei Nauen.
In den 1920er und 1930er Jahren war der Reiseverkehr hauptsächlich geprägt von Schichtarbeitern, die in die Industriezentren Spandau, Hennigsdorf und Velten fuhren, ab 1935 auch von Wehrmachtsangehörigen und Zivilpersonal, die auf dem Fliegerhorst Schönwalde stationiert waren, der einen eigenen Abzweig von der Bötzowbahn erhielt.
Die Nauener nutzten diese Bahn gern für Ausflüge in die umliegenden Wälder. Bei schönem Wetter konnten sie in den Stadtforst fahren und dort in den Ausflugslokalen „Waldschänke“ oder „Weinberg“ einkehren. Auch das Nauener Forsthaus (erbaut 1904) war ein lohnendes Ziel.
Kleine Anekdote am Rande: Die Haltestelle Nauen Stadtforst war 1929 Schauplatz einer Filmszene für den UFA-Film „Orientexpress“, in der Heinrich George und Lil Dagover die Hauptrollen spielten. Es war vermutlich das einzige Mal, dass die Töpferbahn von einem D-Zug befahren wurde. Der in den 1960er Jahren begonnene Trend, Kleinbahnstrecken stillzulegen, machte auch vor der Veltener Bahn nicht Halt. Außerdem hatte der bereits fertiggestellte Berliner Außenring die Aufgaben der Töpferbahn übernommen. Am 08.12.1963 wurde schließlich der Personenverkehr eingestellt und ein halbes Jahr später auch der Güterverkehr. Ende 1964 begann der Abbau der Gleise, die kleinen schlichten Stationsgebäude, die nur als Wetterschutz dienten, konnte man in den Dörfern aber noch jahrelang wie Relikte aus einer anderen Zeit sehen.
Autor: Uwe Ulrich
Hier zum 5. Teil – Nauen – Wildpark – Umgehungsbahn
Hier zum 1. Teil – Die Eisenbahn in und um Nauen
Hier zum 2. Teil – Der Ursprungs-Bahnhof
Hier zum 3. Teil – Die Kleinbahnen
Fortsetzung folgt am 27.12.2020